Rückblick aufs vergangene Amtsjahr
Veröffentlicht am 26.04.2024 von Patrik R. Brunner
Thematisch konnte mir als Unternehmer und Berufsschullehrer nichts weiter entfernt sein als die Sozialpolitik. Aber ich muss gestehen, dass mir die Kommission und deren Geschäfte ans Herz gewachsen sind. Das Spektrum an Geschäften und Inhalten war im vergangenen Vereinsjahr mannigfaltig und sehr anspruchsvoll. So wurde unter anderem die gesetzliche Grundlage der Asylorganisation Zürich (AOZ) überarbeitet und dabei der Fall Lilienberg aufgearbeitet. Dazu kamen das Café Yucca, eine Anlaufstelle für Randständige, ein Beratungsangebot für geistig Behinderte, eine Sammelweisung zur Sozio Kultur und ein strenges Auge auf die Mütter- und Väterberatung in der Stadt Zürich. Es gäbe noch weitere Geschäfte, die ich im Rat begleiten durfte, aber dies sind meine Highlights.
Aufarbeitung Lilienberg und neues Fundament für die AOZ
Dass die Stadt Zürich grosse Unternehmen, in verschiedensten Rechtsformen betreibt, ist bekannt. So zum Beispiel die VBZ, das Stadtspital oder das EWZ. Die Asylorganisation Zürich (AOZ) gehört zweifellos in diese Aufzählung. 2023 wurde der Leistungsauftrag für diese Organisation angepasst ((2023/103). Als grösste schweizerische Anbieterin für Unterbringung, Betreuung und Ausbildung von Asylsuchenden der Schweiz, ist sie neben der privaten und internationalen ORS der grösste Player im Markt und betreibt diverse Einrichtungen in der ganzen Schweiz. Mit den Schwerpunkten auf Zürich, der Ostschweiz und dem Tessin (Zentralschweiz). In der aktuell angespannten Situation des Asylwesens ist die Organisation, welche als öffentlich-rechtliche Organisation der Stadt Zürich betrieben wird, stark gefordert. Besonders die MNA (Mineurs non accompagnés), also unbegleitete minderjährige Asylsuchende gaben in der Öffentlichkeit viel zu reden. Das MNA-Zentrum Lilienberg in Affoltern am Albis musste viel Kritik einstecken. In der Kommission haben wir uns darum vertieft mit den MNA und deren Unterbringung befasst und diverse Anpassungen zur Verbesserung deren Situation vorgenommen, so die Belegungszahl, Zimmergrösse und andere Vorgaben eingebaut. Diese Vorgaben haben wir mit zwei Fraktionspostulaten eingebracht, an deren Ausarbeitung ich massgeblich beteiligt war. Die Vorstösse wurden in einer breiten Allianz von SP, Grüne, AL, GLP und FDP eingebracht. Der AOZ Führung muss man grosses Engagement und Herzblut attestieren in einem schweren Umfeld. Mit dem neuen Leistungsauftrag haben wir nun auch einen guten rechtlichen Rahmen dafür geschaffen. Meine Arbeit wurde in der NZZ und dem Tele Z positiv aufgenommen, was mich sehr freut.
Ein Hafen für Heimatlose
Nach der AOZ Debatte ging es weiter zum Café Yucca. Dieses wird von Solidara Zürich betrieben. Das Café Yucca in der Altstadt gehört wie die Isla Victoria zum Verein Solidara Zürich (ehemals Zürcher Stadtmission). Es bietet sozial benachteiligten Menschen am Rande der Gesellschaft einen Raum, wo sie sich aufhalten, soziale Kontakte knüpfen und bei Bedarf materielle und fachliche Unterstützung erhalten können, dies 365 Tage im Jahr. Bekannt ist sie für die tägliche Gratis-Suppe. Im Geschäft (2023/366) ging es um die neue Kontraktperiode und die finanzielle Unterstützung der Stadt Zürich. Dass die Stadt Zürich hier einen finanziellen Beitrag leisten muss, war und ist unbestritten. Aber im rot-grünen Zürich ist das „ob“ fast nie die Frage, sondern „wie viel?“. Und da das Yucca vor Finanzierungsproblemen stand, war es für die Linken keine Frage, dass das Portemonnaie weit geöffnet werden soll. Erbeten wurde von der Stadt Zürich ein jährlicher Betrag von CHF 214'900. Die Grünen wollten dann, um das vermeintliche Defizit zu decken, CHF 123'000 draufhauen – man hat‘s ja. Dass man etwas mehr geben kann, war klar, denn die Umstände vor Ort sind seit Corona härter geworden. Das effiziente Personalwesen reichte nicht mehr aus, um die Kundschaft fachgerecht und bedürfnisgerecht zu betreuen. Die Kosten für eine zusätzliche Stelle betrugen CHF 64'000. Dass wir die Stelle ermöglichen sollten, war evident. Aber wie finanzieren? Soll der Staat für diese Kosten aufkommen? Alleine? In sehr guter Zusammenarbeit mit der SP habe ich in einem neuen Dispositionsartikel der Vorlage gefordert, dass die Stadt Zürich 50% dieser Kosten aufbringen soll, wenn für die restlichen ein weiter Sponsor gefunden wird. So können die Kosten fair aufgeteilt und getragen werden. Dieser Antrag konnte in der Ausmarchung des Rats den Antrag der Grünen für die zusätzlichen 123'000 ausstechen und kam durch. Hier hat sich die Kommissionsarbeit ausgezahlt, und es konnte eine Allianz geschaffen werden, die für alle Beteiligen gewinnbringend und den Steuerzahler schonend war.
Beratungen für die Bevölkerung
Auch viele Beratungsdienstleistungen der Stadt Zürich, laufen über den Tisch der SK SD. So habe ich mich mit dem neuen Verein Liebi+ auseinandergesetzt (2023/368). Gestartet und finanziert durch die Stadt als Projekt, musste man nun darüber entscheiden, ob man den vom Projekt in eine langfristige Partnerschaft überführen wollte. Liebi+ berät Menschen, welche eine geistige Behinderung haben und deren Umfeld (Familie, Betreuung), zum Thema Liebe und Sexualität. So etwas gab und gibt es nicht bis jetzt – was doch verwundert. Das Pilotprojekt wurde gut angenommen, und es wurden Beziehungen zu anderen Institutionen geschaffen, welche nun mit Liebi+ zusammenarbeiten (weiterleiten von Mandanten, Rückfragen). Solche Dienstleistungen sollte die Stadt mit ihrer Zentrumsfunktion anbieten – daher haben wir der Finanzierung (CHF 175'000 pro Jahr) zugestimmt. Weniger erfreulich war ein Newsletter der Mütter- und Väterberatung (MVB) der Stadt Zürich. Eine Dienstleistung, welche der Kanton Zürich den Kommunen vorschreibt. An für sich macht die einen guten Job. Doch die Publikation zur gendersensiblen Erziehung erhitzte die Gemüter. Hier verlautbarte die Stadt Zürich offiziell, man solle doch die Kinder Gender neutral erziehen (Kinder geben sich selbst Namen, Mutter und Vater werde zu Erzieher usw.). Ich wollte in der Kommission wissen, wie man dazu kommt, so etwas zu versenden und vor allem so absolut. Die Antwort war salopp «die Leute fragten danach». Als ich wissen wollte, wie viele Leute denn und welche Fragen sie hatten, kam heraus, dass man das nicht wirklich quantifizieren kann. Der Verdacht, dass die politische Linke ihre Ideologie mit staatlichen Mitteln und unseren Steuergeldern verbreitet, kam natürlich sofort auf. Daher habe ich in einem Folgepostulat, gefordert, dass die Erhebung der Anfragen an die MVB strukturierter erfolgen müsse und die Beiträge der Nachfrage entsprechen soll (2024/43).
Übernahme Präsidium
Zum Schluss des Rückblicks erlaube ich mir eine Vorausschau. Jede Kommission wird für zwei Jahre von einem Präsidenten oder einer Präsidentin geführt. Ihnen steht ein Vizepräsidium zur Seite, das dann nach zwei Jahren das Präsidium übernimmt. Nach Stärke der Fraktion bekommt jede Partei eine gewisse Anzahl an Präsidien und Vizepräsidien. In der SK SD hatte die FDP die letzten zwei Jahre das Vizepräsidium inne und stand in der Erbfolge für das Präsidium an erster Stelle. Als Ende Oktober mein FDP-Kommissionsgspändli aus dem Kreis 3, Mélissa Dufournet, aus dem Gemeinderat zurücktrat, erbte ich von ihr das Amt als Vizepräsident. Nun will es der Turnus, dass ich für die zweite Halbzeit (2024 – 2026) das Präsidium der Kommission übernehme. Das ist eine grosse Ehre, und ich freue mich auf die neue Funktion und damit einhergehen auf die neue Verantwortung.