Man dreht sich im Chreis (Cheib)
Veröffentlicht am 25.01.2025 von Patrik R. Brunner
In der Stadt Zürich ist Prostitution erlaubt, wenn sie in einem Hinterzimmer, einem Bordell oder Ähnlichem stattfindet und die Freier nicht auf der Strasse, sondern beispielsweise via Annonce angeworben werden. Zudem gibt es drei Strassenstrichzonen, wo das Anwerben auf der Strasse erlaubt ist: Niederdorf, Depotweg und Brunau, die Langstrasse gehört explizit nicht dazu. Jedoch zeigt die Situation an der Langstrasse, dass zwischen gesetzlicher Grundlage und Realität unterschieden werden muss. Nun haben die SP, Die Mitte und die AL Postulat 2024/41 eingereicht, das eine «Bewilligung geeigneter Strassenabschnitte im Gebiet der Langstrasse/Kernstrasse als Strassenstrichzonen» fordert.
Die Quadratur des Kreises
Die Zürcher Langstrasse ist ein Ort mit Historie und schweizweit ein Begriff. Trotz Verbot findet Sexarbeit dort auf der Strasse statt. Deshalb hat die FDP angesichts des Postulats zwei Blickpunkte: Zum einen gibt es Gründe, warum bei der letzten Prüfung im Jahre 2015 die Langstrasse als Strassenstrich ausgeklammert wurde. In diesem mehrfach belasteten Quartier treffen Anwohner, lebendiges Gewerbe, Partyvolk, Drogenproblematik und Prostitution aufeinander. Zum anderen sehen wir aber auch, dass sich Sexarbeiterinnen durch die Arbeit auf dem illegalen Strassenstrich kriminalisieren. Was dazu führt, dass sie sich bei Missständen und Gewalt nicht bei der Polizei melden würden. Es ist bekannt, dass die Frauen, die an der Langstrasse anschaffen, ihre Arbeit grösstenteils nicht freiwillig verrichten, sondern von Menschenhändlerringen dazu gezwungen werden und nach kurzer Zeit in Zürich wieder in ein anderes europäisches Land weiterziehen. Es ist die Quadratur des Kreises, weil es letztlich ein Nutzungskonflikt auf begrenzter Fläche ist. Damit wir uns aber nicht im Kreis drehen, habe ich im Namen der FDP einen Textänderungsantrag formuliert und eingereicht, so dass wir dem Postulat zustimmen – unter Berücksichtigung der Belastung des Quartiers und der Lehren aus der Aufhebung des Strassenstriches Sihlquai und der Schaffung des Strichplatzes Depotweg. So sind wir der Meinung, dass man gegenüber einer erneuten Prüfung und dessen Ergebnis offen bleiben kann. Denn unter dem Strich geht es darum, Fakten zu prüfen und der Realität in die Augen zu schauen.
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