Wer ist hier im Heimvorteil?
Veröffentlicht am 31.10.2018 von Patrik Rudolf Brunner
Überstürzte Initiativen und irreführende Parolen der Linken führen dazu, dass nun zum dritten Mal über ein neues Fussballstadion abgestimmt wird und Wählerinnen und Wähler vielleicht schon bald um Ihre Grund-rechte bangen. Das hat nichts mit fairer Politik, sondern mit Machtrausch zu tun.
Machtspiel
Seit 15 Jahren beschäftigen sich Fussballfans, Anwohner und Stimmberechtigte der Stadt Zürich mit dem Bau eines neuen Fussballstadions auf dem Hardturm-Areal. Doch nun könnten die Baupläne aufgrund von übertriebenen Forderungen der Linken zum dritten Mal scheitern. Der Austragungsort dieses politischen Machtspiels ist auf dem Rücken der Wählerinnen und Wähler. Diese haben beim letzten Urnengang ganz klar abgelehnt, dass ein Stadion gebaut werden soll, das durch die Stadt finanziert wird. Mit der Initiative Für ein Fussballstadion ohne Milliarden-Abzocke und der damit verbundenen Forderung nach 100 % gemein-nützigem Wohnungsbau schlägt die SP private Investoren in die Flucht und ignoriert den Willen der Be-völkerung. Wenn man es genau nimmt, schiesst sie sogar gegen Parteikollegen. An einer Medienkonferenz im Mai 2018 äusserten sich Finanzvorsteher Daniel Leupi (Grüne) und Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) dazu. Letzterer stellte seine eigene Partei als Spielverderberin dar und meint gemäss NZZ vom 18.05.2018: „Die SP würde es verhindern, dass möglichst viele gemeinnützige Wohnungen geschaffen werden.“ Leupi nahm ebenfalls Stellung zur SP-Forderung und wurde in einem anderen Artikel zitiert: „Die Credit Suisse bietet an, zu den 150 gemeinnützigen Wohnungen des Projekts zusätzlich 150 Wohnungen der Stadt zu verkaufen, wenn das Projekt realisiert ist.“ Zudem meinte er in einem Medienbericht der 20 Minuten, dass sich die SP bewusst sein müsse, dass bei Ablehnung des Projekts 300 gemeinnützige Wohnungen nicht gebaut würden. Es scheint fast, als hätten die Linken diesmal trotz Mehrheit im Stadtrat ein Eigentor geschossen.
Am Ball bleiben
Jetzt heisst es, am Ball bleiben. Denn Fakt ist: In der Stadt Zürich gibt es zwei Fussballklubs, die in der Super League spielen und zusammen pro Saison um die 20 Heimspiele absolvieren, aber kein richtiges Fussballstadion. Der Letzigrund ist ein modernes Leichtathletikstadion, wo man Fussball zwar toleriert, aber nur einmal im Jahr ein Leichtathletikmeeting veranstaltet wird. Zwischendurch finden Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Das Projekt Ensemble sieht auf der leeren Fläche des ehemaligen Hardturms auf 55‘000m2 ein Fussballstadion, eine Genossenschaftssiedlung sowie zwei Wohnhochhäuser vor und hat die Ausschreibung mit einem überzeugenden Konzept gewonnen. Mit dem Ertrag aus den Hochhäusern wird das Fussballstadion finanziert und die Genossenschaftssiedlung bietet preisgünstigen Wohnraum. Damit verschlingt das Stadion keine Steuergelder und erfüllt die Auflagen an das Wohnziel der Stadt Zürich: 30 % genossenschaftliche Wohnungen.
Wer gewinnt das Heimspiel
Natürlich gibt es neben der SP-Initiative noch weitere Hürden zu überwinden. Da wäre beispielsweise die Angst der Anwohner, die schöne Aussicht auf die Glarner Alpen zu verlieren oder plötzlich im Schatten der zwei neuen Türme aufzuwachen. Dafür habe ich Verständnis, bin aber gleichzeitig der Ansicht, dass es in der Bundesverfassung nun mal kein Recht auf Aussicht gibt und Hochhäuser die einzige Lösung sind, um verdichtet zu bauen. Hier geht es nicht um die beste Lösung für jeden einzelnen, sondern um die Kom-promissbereitschaft für den Gemeinsinn. Genauso wenig, wie man beim Flughafen wohnen kann und sich über den Fluglärm beklagt, kann man in einer Stadt wohnen und sich über Hochhäuser ärgern. Ähnliche Diskussionen werden auch in Zusammenhang mit dem Richtplan Hochschulgebiet geführt. Der Grundtenor lautet jeweils, wir sind nicht gegen die ETH, aber…. So ähnlich klingt es nun auch beim Fussballstadion, weil jeder Angst um seinen Heimvorteil hat. Aus meiner Sicht hat das mit Wohlstand zu tun. Wir sind verwöhnt und jeder muss wieder lernen, sich etwas zurückzunehmen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Volk am 25. November 2018 entscheidet.

Verwässerte Aussagen
Doch es geht noch weiter. Beim Zürcher Wassergesetz schlägt die Frage unter welchen Umständen die Gemeinden ihre Wasserversorgung an eine juristische Person (Aktiengesellschaft) auslagern dürfte durch die Propaganda der SP hohe Wellen. Aktuell ist nichts geregelt, deshalb wäre eine komplette Privatisierung theoretisch möglich. Mit dem neuen Gesetz wird die Regelung der Wasserversorgung, insbesondere der Trinkwasserversorgung, geklärt und modernisiert. Die Gemeinden dürfen wie gehabt Dritte an der Wasser-versorgung beteiligen, eine vollständige Privatisierung des Trinkwassers ist durch das neue Gesetz aber ausdrücklich ausgeschlossen. Dritte dürfen nur noch – und auch dies nur nach Zustimmung der kommunalen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – höchstens 49 % der Aktien und einen Drittel der Stimmanteile halten. Damit wird nicht, wie von der SP erklärt, die Tür für eine Privatisierung des Wassers geöffnet, sondern eine Gesetzeslücke geschlossen. Zudem steht in der Gesetzesvorlage, dass kein Profit erwirtschaftet werden darf.
Mit allen Wassern gewaschen
Nutzt die SP die Wasserschlacht, um bei den nächsten Regierungs- und Kantonsratswahlen zu punkten? Bis März 2019 läuft noch viel Wasser die Limmat hinunter, daran dürfte auch der Besuch von Maude Barlow nichts ändern. Die SP lässt die weltweit bekannte kanadische Aktivistin, die sich seit Jahren gegen die Wasserprivatisierung einsetzt, extra für einen Vortrag einfliegen. Und jetzt wird es interessant: Die Gesetzesänderung soll die Wasserprivatisierung verhindern – wenn die SP nun aber dagegen ist, bleibt eine vollprivatisierte Wasserversorgung theoretisch möglich. Das kommt davon, wenn man Polemik vor Inhalt stellt. Mit falschen Aussagen die Bevölkerung in Angst zu versetzen und diese dann für seine eigenen Zwecke und den Wahlkampf zu nutzen bedeutet nicht, mit allen Wasser gewaschen zu sein, sondern im Machtrausch komplett am Tor vorbei zu schiessen.